Grau, teurer Freund,
ist alle Theorie
und grün
des Lebens goldner Baum. "
Goethe
"Gibt es für den bildenden Künstler und das Gebiet der Ästhetik allgemein verbindliche Farbgesetze und Regeln, od.er ist die ästhetische Beurteilung der Farben einzig subjektiver Meinung unterworfen? Meine Schüler stellten mir diese Frage sehr oft, und meine Antwort lautete jedesmal: 'Wenn Sie, ohne zu wissen, Meisterwerke der Farbe schaffen können, so ist das Nicht-Wissen Ihr Weg! Wenn Sie aber aus Ihrem Nicht-Wissen keine Meisterwerke der Farbe schaffen können, dann sollten Sie sich Wissen erarbeiten.'"
Itten
Farbe
Farbenlehre
Es begann mit einem Blick durch ein geliehenes Prismenglas: Goethe stellte fest, dass Newton sich geirrt hatte. Denn die weiße Wand, auf die Gothe 1790 das Prisma gerichtet hatte, blieb weiß und zersplitterte nicht "in vielfarbige Lichter", wie Gothe es nach Newtons Theorien erwartet hatte. Lediglich wo helle und dunkle Bereiche aneinanderstießen, beobachtete Goethe farbige Veränderungen. Erstaunt begann er, Newtonsche Versuchsanordnungen nachzubauen und zu überprüfen. Die von ihm beobachteten Phänomene nährten seine Zweifel an Newton. In der physikalischen Fachwelt allerdings fand Goethes Kritik an Newton kein Gehör. "All mein dringendes Mittheilen war vergebens... Überall fand ich Unglauben an meinem Beruf zu dieser Sache; überall eine Art von Abneigung gegen meine Bemühungen, die sich, je gelehrter und kenntnisreicher die Männer waren, immer mehr als unfreundlicher Widerwille zu äußern pflegte." (Goethe, a.a.O. S. 430) Von nun an forschte er auf eigene Faust und entwickelte in unermüdlichen Forschungen und Beobachtungen seine eigene Farbenlehre, die er nach zwanzigjährigen Studien 1810 in Druck gab. Goethes Ziel war nicht eine abstrahierende, mathematisch beweisbare Farbtheorie, sondern eine empirisch gewonnene, meditativ-betrachtende und ordnende, umfassende Darlegung der menschlichen Farbwahrnehmung. Er bezog sich nicht nur auf die physikalischen Sprektralfarben, sondern auch auf die chemischen Farben. Er erörterte das Verhältnis der Farben u.a. zur Philosophie, Mathematik, Physiologie, Pathologie und Tonlehre und widmete ein ganzes Kapitel der "sinnlich-sittlichen Wirkung" der Faben. Goethe soll seine Farblehre wichtiger gewesen sein als seine Dichtkunst, große Beachtung hat sie allerdings kaum gefunden. Im Gegensatz dazu ist die Farblehre von Johannes Itten (1888-1967), der sich von Goethes Vorleistungen inspirieren ließ, noch heute Pflichtprogramm bildnerisch-künstlerischer Ausbildung. Ittens Farbtheorie beinhaltet u.a. sieben grundlegende Farbkontraste, welche die Wirkung eines Bildes bestimmen. Die bekanntesten sind der Hell-Dunkel-, der Warm-Kalt- und der Komplementär-Kontrast.Kontrast. Hell-Dunkel-Kontrast
Mischen zweier beliebiger Farben mit Schwarz und Weiß
Kalt-Warm-Kontrast
Mischung kalter und warmer Farben in möglichst gleicher Helligkeitsstufe
Der Komplementär-Kontrast
links: Mischung eines möglichst neutralen Grau aus den komplementären Farbpaaren:
Gelb - Violett
Blau - Orange
Rot - Grün
rechts daneben eine entsprechende Kombination in RGB-Farben mit den komplementären Farbpaaren:
Rot - Cyan
Blau - Gelb
Grün - Magenta
Auf Itten geht die populäre Farbtypenlehre zurück, welche die Menschen in "Frühling-, Sommer-, Herbst- oder Wintertypen" einteilt.
Herbe Kritik an Ittens Farblehre äußert Harald Küpper (Müden, 1928).
- Schwarz, bedingt durch das Fehlen von Urfarben
- Violettblau, bei alleiniger Reizung der S-Zapfen für kürzere Wellenlängen (short)
- Grün, bei alleiniger Reizung der M-Zapfen für mittlere Wellenlängen (medium)
- Orangerot, bei alleiniger Anregung der L-Zapfen für längere Wellenlängen (long)
- Cyanblau, bei gleichstarker Anregung von S- und M-Zapfen
- Magentarot, bei gleichstarker Anregung von S- und L-Zapfen
- Gelb, bei gleichstarker Anregung von M- und L-Zapfen
- Weiß, bei gleichstarker Anregung aller drei Zapfentypen
Küppers fordert für das logische und systematische Ausmischen der Farben ein dreidimensionales Farbkonzept, wie er es in seinem eigenen Rhomboeder-System verwirklicht hat. Er fordert für einen systematischen Farbmischkurs genormtes didaktisches Material, das Küppersche natürlich. Insgesamt wirkt seine Farbentheorie sehr technokratisch und im Vergleich zu Itten seelenlos. Das liegt in der Natur der Sache, wer Mathematik und Physik will, kriegt maximal Schwingungen, aber keine Beseeltheit. Zudem ist die angeblich naturwissenschaftliche Exaktheit von Küppers Theorien durchaus auf Kritik aus der Fachwelt gestoßen. Prof. D. Zawischa von der Universität Hannover korrigiertdie physikalischen Grundannahmen der Küpperschen Lehre. Als Ergänzung zu Ittens Farbenlehre und zur Erweiterung des Farbverständnisses ist sie allemal gut.
Literatur:
"Zur Farbenlehre", Johann Wolfgang von Goethe, Die bibliophilen Taschenbücher 1979
"Kunst der Farbe", Studienausgabe, Johannes Itten, Otto Maier Verlag Ravensburg 1970
Links zum Thema:
- Ausführliche Informationen und weiterführende Links zum Thema Farbe und Farbenlehre finden sich bei Wikipedia
- Ebenso findet sich bei Wikipedia Grundlegendes zur Farbtypenlehre
- Auf seiner eigenen Homepage gibt es eine recht umfassende Darstellung zu Küppers' Farbenlehre
- Eine weitere Einführung in Farbgestaltung auf der Grundlage von Küppers Farbenlehre gibt Ingrid Crüger
- Viel Wissenswertes über Farben und Farbenlehre bieten die Seiten von Prof. Dr. Dietrich Zawischa
- Interessantes besonders über die psychologische Wirkung von Farben bietet dieses Tutorial über Farben im Webdesign
- Manchmal gibt es kostenlose Demokurse zum Farbdesign auf Websites auf der Website vom W3L
- Diese Seite befasst sich mit der Problematik von Farbenblindheit